Mit seinen maximal 575 km von West nach Ost und 294 km von Nord nach Süd kommt Österreich auf eine Fläche von 83.858 km². Das sind rund zwölf Millionen Fußballfelder nach UEFA/FIFA-Maß. Etwa 20 davon verbraucht Österreich täglich irreversibel. Warum das ökonomisch wie ökologisch ein Problem ist, steht hier.
Von den genannten zwölf Millionen Fußballfeldern sei nach Angaben des
Umweltbundesamtes knapp die Hälfte mit Wald bewachsen und rund ein
Drittel werde landwirtschaftlich genutzt (1). Noch. Denn die
Landwirtschaft habe in den vergangenen Jahren starke Flächenverluste
hinnehmen müssen, weil insbesondere schwer zu bewirtschaftende Wiesen,
Weiden und Almen zu Wald (Verwaldung), Siedlungen und Brachland gemacht
worden seien.
Bodenverbrauch schafft traurige Tatsachen
Österreich gilt als Europameister im Bodenverbrauch. Pro Jahr verliert das Land 0,5 Prozent seiner Agrarfläche. Das ist problematisch, weil damit die Selbstversorgung des Landes gehörig wackelt. Die eher kleinstrukturierte Landwirtschaft, die mit ihrem dichten Bio-Anteil von zehn Prozent europaweit Spitze ist, kann auf schwindender Fläche den Hunger der Österreicher nach einheimischen Produkten kaum mehr stillen. Stattdessen wird importiert, was die Unabhängigkeit des Landes schwächt.
Mit den verbauten Flächen wackeln außerdem Arbeitsplätze. Entlang der agrarischen Wertschöpfungskette sind eine halbe Million davon in Gefahr. Landwirte ohne Boden sind Landwirte ohne Arbeit. Und wer meint, jeder gescheiterte landwirtschaftliche Betrieb lasse sich touristisch nutzen, der irrt: Touristen finden eine zersiedelte Landschaft nicht anziehend. Den Landwirten und ihren Familien bleibt oft nur die Landflucht hinein in die Stadt. Dort ist bezahlbarer Wohnraum knapp, ein Verbreitern des Speckgürtels führt zu neuer Flächenbebauung, während die von den Landwirten verlassenen Immobilien – wie manche in der Großstadtmitte seit Jahren schon – leer stehen: 40.000 Hektar beträgt der Leerstand in Österreich derzeit insgesamt, das sind 56.000 Fußballfelder, Tendenz steigend.
Kasten: Was heißt Bodenverbrauch?
Der politisch korrekte Begriff für Boden- beziehungsweise Flächenverbrauch ist Flächeninanspruchnahme. In Anspruch genommene Flächen, gemeint ist biologisch produktiver Boden, sind infolge von Verbauung für Siedlungs- und Verkehrszwecke, Freizeitzwecke oder Abbauflächen dauerhaft verloren. Etwa 40 Prozent solcher Flächen werden versiegelt, wobei sie sämtliche biologische Funktionen verlieren. Denn beim Versiegeln bekommt der Boden eine wasserundurchlässige Schicht. Die nimmt dem Boden seine Produktions- und reduziert ihn auf seine Trägerfunktion. Er kann anschließend weder Wasser speichern und verdunsten (Stichwort: Kühleffekt), noch Schadstoffe filtern, binden (Boden ist der zweitgrößte CO2-Speicher nach den Meeren) oder abbauen.
Zu den wirtschaftlichen Problemen verursacht der Bodenverbrauch hierzulande massive Umweltprobleme. So fielen laut einer Studie der Naturschutzorganisation WWF die verlorenen Flächen als Rückhalteräume für Wasser aus, was die Hochwassergefahr in Österreich wachsen lasse, um nur ein Beispiel zu nennen. Demnach seien in Oberösterreich Feuchtwiesen und Moore, die wie Schwämme wirkten, in den vergangenen 150 Jahren um mehr als vier Fünftel zurückgegangen. Die Folge einer ihrer natürlichen Abwehrkräfte beraubten Natur sind im Fall der mit dem Klimawandel immer wahrscheinlicher eintretenden Naturkatastrophen Schäden in Milliardenhöhe. Das Jahrhunderthochwasser 2002 habe laut dem Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO allein in Österreich Schäden von drei Milliarden Euro verursacht.
Überörtliche Raumordnung und Ortskernbelebung sorgen für Bodenschutz
Der Trend zur Verbauung der österreichischen Land(wirt)schaft lasse sich nur mit einer überörtlichen Raumordnung bremsen, sagt der WWF (3).
Vertreter von Kirche, Wissenschaft, Medien und Wirtschaft (4) appellierten Ende 2018 anlässlich des Weltbodentages an Bund, Länder und Gemeinden, mit einer Reform der Raumordnung endlich den Zielwert für den Bodenverbrauch der Strategie für nachhaltige Entwicklung von 2,5 ha/Tag (das sind vier Fußballfelder) anzupeilen. Dabei komme verbesserten Rahmenbedingungen zur Revitalisierung brachliegender Industrie- und Gewerbeflächen eine Schlüsselrolle zu.
Das Bodenbündnis in Österreich, eine ergänzende Initiative zum Klimabündnis Österreich als Teil eines globalen Klimaschutz-Netzwerks, sagt, dass die Ortskernbelebung in vielen Gemeinden Österreichs als Gegenmaßnahme zur Zersiedelung anstehe. Dabei gehe es um die Innen- statt Außenentwicklung, so dass in den zersiedelten und teils leerstehenden Gemeinden eine neue lebendige Ortsmitte entstünde, die Platz schaffe für Wohnen und Arbeiten.