Der Nutzen der Pflanzenzüchtung für ein nachhaltiges Ernährungssystem ist enorm. Landwirtschaft und Politik sollten zu optimalen Rahmenbedingungen beitragen.
Dr. Michael Gohn
Obmann Saatgut Austria
Bevölkerungswachstum, Veränderung der Ernährungsgewohnheiten, Klimawandel und Bodenverlust – auf die Landwirtschaft kommen enorme Herausforderungen zu. Neben technologischem Fortschritt und verbesserten Anbaumethoden ist es vor allem die Pflanzenzüchtung, die einen Beitrag leisten kann, um die auf EU- und nationaler Ebene gesetzten Ziele in der Landwirtschaft zu erreichen.
Enormer Nutzen
Die Pflanzenzüchtung selektiert gesunde, robuste und widerstandsfähige Sorten und stellt sie den Agrar- und Gartenbaubetrieben zur Verfügung. Moderne Sorten sind an standortspezifische Bedingungen angepasst und tolerant gegenüber verschiedenen abiotischen Faktoren – wie etwa Trockenheit, Hitze, Winterschäden. Darauf zielt das Projekt Klimafit ab, das Saatgut Austria mit dem Landwirtschaftsministerium, den Bundesländern und der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) durchführt.
Leistungen kommen Gesellschaft zugute
Von diesen Erfolgen profitiert nicht nur die Landwirtschaft, sondern auch der Rest der Gesellschaft. Je weniger Flächen für die Lebensmittelproduktion benötigt werden, desto mehr stehen für Biodiversität zur Verfügung. Neben dem ökonomischen und dem ökologischen Nutzen besteht auch ein sozialer Nutzen: Die Pflanzenzüchtung trägt zu stabilen Preisen bei und verbessert die ernährungsphysiologischen Eigenschaften, wie z. B. den Nährstoffgehalt in Lebens- und Futtermitteln.
Um diese Leistungen auch künftig erbringen zu können, braucht es optimale regulatorische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen – und darüber hinaus vor allem: Innovationskraft! Das bedeutet neben modernen Methoden der Züchtung eine Abgeltung der Leistungen der Pflanzenzüchter:innen durch den Kauf von zertifiziertem Saatgut. Nur dann können sie die finanziellen Mittel aufbringen, um die aufwendige Züchtung sowie Sortenversuche in Ländern mit Klimaverhältnissen, wie sie künftig in Mitteleuropa zu erwarten sind, aufrechtzuerhalten. Das ist eine wesentliche Stellschraube für eine resiliente europäische Landwirtschaft, den Gartenbau sowie für ein nachhaltiges Ernährungssystem.