Die Brüder Simon und Matthias Erharth haben neben einer Vollzeitbeschäftigung den familiären Bauernhof wieder aufgebaut. Wie aus einem Erbe eine Leidenschaft wurde, erzählen die beiden im Interview.
Simon und Matthias Erharth
Wie hat eure Karriere in der Landwirtschaft begonnen?
Wir haben den Beruf des Bauern gewählt, weil dieser tief in unserer Familiengeschichte verwurzelt ist – unsere Großeltern haben uns in dieser Hinsicht sicher am meisten geprägt. Jedoch war der ausschlaggebende Punkt mitanzusehen, wie sich Landwirtschaft, Natur und speziell unsere Heimat verändert haben. Die kleinstrukturierten, meist sehr vielfältigen Betriebe sind verschwunden und durch wenige Großindustrielle-Landwirtschaften verdrängt worden.
Die Zahl der Monokulturen steigt immer mehr an und die Bodenversiegelung schreitet voran. Viele Tiere und Pflanzen aus unserer Kindheit findet man nur noch selten. Wir wollen aufzeigen, dass es bei dieser Arbeit um viel mehr als um Zahlen wie Ertrag und Größe geht. Aus diesem Grund haben wir uns vor ca. fünf Jahren entschlossen, den kleinen Bauernhof unserer Großeltern Stück für Stück wieder zum Leben zu erwecken.
Diversität steht bei uns an erster Stelle. Schon seit jeher führen wir unsere Landwirtschaft als Mischbetrieb. Wir befassen uns mit Tierzucht, Obstbau, Gemüsebau, Ackerbau und Grünlandpflege (Beweidung). In den letzten Jahren haben wir uns auf den Erhalt alter Nutztierrassen und seltener Obstsorten, Gemüsesorten und Feldfrüchte spezialisiert. Es ist unsere Herzensangelegenheit, die Biodiversität – die außergewöhnliche Artenvielfalt des UNESCO-Weltkulturerbes Neusiedlersee – zu bewahren. Damit lassen sich Naturschutz, Geschichte und Kultur vereinen.
Landwirtschaft und zusätzlich Vollzeitbeschäftigung – das klingt anstrengend. Wie schafft ihr es, alles unter einen Hut zu bekommen? Bei wem holt ihr euch Hilfe?
Als Bauer und Vollzeitberufstätiger ist es zweifellos eine Herausforderung, alles unter einen Hut zu bekommen. Verständnisvolle Partnerinnen, Freund:innen und Familie spielen eine entscheidende Rolle, indem sie uns unterstützen und entlasten, wo sie können, und auch immer wieder unsere Abwesenheit bei Zusammenkünften tolerieren. Außerdem ist eine gewisse Kreativität vonnöten, um effiziente Lösungen für den Zeitmangel zu finden. Geduld ist auch wichtig; und die Fähigkeit, flexibel zu sein, um sich auf unerwartete Situationen einstellen zu können. Letztendlich ist es sicherlich nicht einfach – wir gehen oft an unsere Grenzen und müssen auf eine Menge Freizeit verzichten, doch unsere Leidenschaft gibt uns viel Kraft.
Belohnt werden wir mit dem unvergleichlichen Geschmack der eigenen Erzeugnisse und der Artenvielfalt – mit der Biodiversität auf unseren landwirtschaftlichen Flächen.
Was ist euch als Landwirte besonders wichtig – welche Verantwortung verspürt ihr?
Die Vielfalt, die Liebe zur Natur, der Kreislauf des Lebens, die Wertschätzung und der Respekt gegenüber anderen Lebewesen sind uns äußerst wichtig. Unsere Verantwortung ist es, ein Gleichgewicht zu wahren und auf unseren Lebensraum achtzugeben – ihn zu beschützen.
Wie blickt ihr in die Zukunft? Als Kleinbauern blicken wir trotz der zunehmenden Herausforderungen optimistisch in die Zukunft. Der Klimawandel und finanzielle Belastungen stellen zweifellos ernsthafte Probleme dar, aber unsere Liebe für die Landwirtschaft und die Verbundenheit mit der Natur lassen uns nicht verzagen. Wir sehen die Herausforderungen vielmehr als Ansporn, innovative Lösungen zu finden, um nachhaltiger und widerstandsfähiger zu sein. Unsere Arbeit mag herausfordernd sein, aber sie ist auch erfüllend und von unschätzbarem Wert für die Natur und die Gesellschaft.