Univ.-Prof. Dr. Sepp Hochreiter
Leiter des Institutes für Machine Learning an der JKU Linz
Teaser: Der Leiter des Institutes für Machine Learining an der JKU Linz Univ.-Prof. Dr. Sepp Hochreiter hat mit dem LSTM eine Technologie entwickelt, die inzwischen in jeder großen Tech-Firma Anwendung findet. Im Interview gibt er Einblicke über aktuelle Trends und Forschungen zu KI.
Wie wird sich unser Leben mit KI in den nächsten zehn Jahren entwickeln?
Uns wird in diesem Zusammenhang auf jeden Fall eine große Wende bevorstehen. Als der Heim-PC aufkam und Einzug fand, war das ein großer Einschnitt für die Gesellschaft und unser Alltagsleben. Ein Leben ohne elektronische Geräte wie Handy oder Computer wäre jetzt kaum mehr vorstellbar. Jetzt geht es eben darum, dass die Elektronik, die wir schon kennen, gescheiter wird. Die Geräte können viel mehr, sie können zum Beispiel selbst Sachen ausrechnen oder Objekte eigenständig erkennen. Der Name sagt schon alles, wir sprechen da eben über Elektronik mit Intelligenz.
Wo bewegt sich die Forschung zur KI gerade?
Künstliche Intelligenz ist nach momentanem Entwicklungsstand bereits sehr gut darin, rohe Daten aus Bild und Akustik zu verarbeiten, das Problem liegt allerdings bei der Koordinierung dieser Daten. Wir wollen zu einem Punkt kommen, an dem es reicht, der KI einige wenige Beispiele zu zeigen, und diese damit dann arbeiten kann. Dazu braucht es auch ein „Meta-Learning“, also dass KI die Fähigkeit besitzt, Neues und bereits Erlerntes zu verknüpfen beziehungsweise generell aus bereits Gelerntem etwas Neues zu lernen.
Das zweite Thema, das uns in der Forschung gerade besonders interessiert, ist das Indoktrinieren eines gewissen Weltverständnisses in die KI. Ein großes Problem, mit dem wir aktuell zu kämpfen haben, ist, dass beispielsweise KI in autonom fahrenden Autos nicht zwischen einem Plastiksackerl, das durch Wind über die Fahrbahn geweht wird, und einem Kind unterscheiden kann. Hätte die im Auto implementierte KI allerdings ein Weltverständnis, wüsste sie auch, was Wind ist und dass dieser oft zur Folge hat, dass kleinere Gegenstände auf eine Fahrbahn kommen. Zum Weltverständnis gehört nämlich vor allem, Situationen zu meistern, die man noch nie erlebt hat.
Sie arbeiten ja auch mit vielen Playern der österreichischen Wirtschaft im Bereich KI zusammen – wie ist der Status quo?
In Österreich sind wir vor allem in Bereichen wie Anlagenbau, Maschinenbau etc. stark. Gerade da ist es essenziell, jetzt den Anschluss nicht zu verpassen. Im Moment werden Maschinen ohne Sensorik und KI verkauft – entschließt sich also beispielsweise ein Autohersteller, eine neue Maschine für seine Produktion zu kaufen, bekommt er diese geliefert, und das war’s. Wäre die besagte Maschine mit Sensoren und KI ausgestattet, könnte das Gerät laufend Informationen an den Hersteller senden, was ein neues Kunden/Käufer-Verhältnis etablieren würde. Apple, Amazon oder auch Facebook haben diese Möglichkeit der Kundenbindung bereits lange erkannt und umgesetzt. Wichtig für österreichische Produzenten und Unternehmen ist vor allem, auf den Zug aufzuspringen und KI insbesondere in Bereichen einzusetzen, in denen wir momentan noch eine Vorreiterstellung genießen.
Was möchten Sie den Leserinnen und Lesern abschließend noch mitgeben?
Beschäftigen Sie sich mit künstlicher Intelligenz – sie wird immer weiter Einzug ins tägliche Leben finden, und gerade jetzt haben wir noch die Chance, eine Vorreiterrolle einzunehmen.